Werte – Leitplanken für das Leben (3.2.2024)

Wir leben in herausfordernden Zeiten: Die Jugendgewalt nimmt zu; Menschen getrauen sich nicht mehr, ihre Meinung zu äussern; die Debattenkultur zu Themen wie Gender und Lebensschutz ist eng geworden; Respekt und Achtung vor den Mitmenschen sind nicht mehr selbstverständlich. Eine solche Entwicklung spaltet und schwächt das Zusammenleben, den Staat und die Gesellschaft. Wert-Massstäbe sind gesucht. Wovon wollen wir uns zukünftig leiten lassen?

Von Ralph Studer

„Es ist kein Widerspruch“, so der französisch-rumänische Dramatiker Eugène Ionesco, „wenn ich sage, dass die Jugend orientierungslos zwischen dem Wunsch nach freier Entfaltung aller Begierden und dem Wunsch nach Unterwerfung unter eine unverrückbare Ordnung hin- und herschwankt. Wir wissen nicht, was wir wollen.“ Die Ursachen sind in der Welt der Erwachsenen zu suchen, die nicht mehr als Vorbilder agieren (wollen). „Unsere Welt ist orientierungslos“, schreibt der Theologe und Buchautor Peter Hahne, „weil sie ziellos ist. Denn wer kein Ziel hat, hat auch keinen Weg.“ Rastlos suchen wir nach Glück und Erfüllung in allen möglichen Zerstreuungen und erwägen, ob sich beruflich oder privat nicht noch etwas Passenderes findet, was unseren Bedürfnissen besser entspricht. Darunter leiden auch unsere sozialen und familiären Beziehungen. Den Kindern fehlt das, wonach sie sich am meisten sehnen: Wärme, Geborgenheit und verlässliche
Bezugspersonen.

Die vergessenen Säulen

Gerade Krisenzeiten verlangen eine Neuausrichtung, ein Nachdenken über Werte, die als Kompass dienen und uns neue Orientierung und Perspektive vermitteln. Doch wo finden wir diese? Werte habe in der europäischen Geschichte eine lange Tradition. Erinnern wir uns unserer drei geistigen Säulen: Die Kultur Europas und die daraus fliessenden europäischen Werte haben ihr Fundament im jüdisch-christlichen Glauben, der philosophischen Vernunft der Griechen und dem Rechtsdenken Roms. Diese dreifache Begegnung bildet die innere Identität Europas und die Anerkennung der unantastbaren Würde des Menschen, die es zu verteidigen gilt. Aus dieser Tradition stammt auch der Ursprung der Menschenrechte, welche die Idee der Gleichheit der Menschen vor dem Recht und das Wissen und die Verantwortung der Menschen für ihr Handeln entwickelt hat. Ehe und Familie bilden den gesellschaftlichen Kern und das Fundament des Staates. „Eine wahrhaft souveräne und geistig starke Nation“, so der frühere Papst Johannes Paul II., „besteht immer aus starken Familien, die sich ihrer Berufung und ihrer Sendung in der Geschichte bewusst sind.“

Ins Herz geschrieben

Enge menschliche Beziehungen und eine geglückte Partnerschaft stillen unsere Ursehnsucht nach Geborgenheit und Sinnerfüllung. Liebe und Vergebung können die Wunden in Familie und Gesellschaft heilen und sind die Grundlage für Glück und Wohlstand jedes Menschen. Auch wenn bestimmte Werte kulturell-historisch geprägt sind, haben grundlegende Werte ihre Wurzeln in der Natur des Menschen. Sie sind den Menschen ins Herz geschrieben. Eindrücklich ist folgendes Beispiel: Ein Wirtschaftsprofessor aus den USA stellte seinen Studenten die Aufgabe, Tagebuch zu führen. „Nehmen Sie an, Sie hätten nur noch dieses eine Semester zu leben. Wie verbringen Sie Ihre Zeit?“ Plötzlich tauchten Werte auf, die vorher unbekannt waren. Die Studenten besuchten ihre Eltern häufiger, versöhnten sich mit Geschwistern und Freunden und gingen völlig anders miteinander um. Werte wie Liebe, Dankbarkeit und das, was ein Leben wirklich reich macht, wurden zur Hauptsache. Die Sicht vom Lebensende her veränderte diese jungen Menschen. Sie zeigten Werte, die eine Gesellschaft tragen und von zeitloser Bedeutung sind.

„Jede Gesellschaft“, so Hansjürg Stückelberger, Gründer von Zukunft CH, „lebt von festen Werten, sonst hat sie keinen Bestand.“ Gewiss kann und muss auch jeder für sich selbst Werte wählen, nach denen er lebt und die nicht für alle anderen Gültigkeit haben müssen. Aber für eine Gesellschaft, die sich im Wechsel der Geschichte und in den Auseinandersetzungen unserer globalisierten Welt bewähren will, sind bleibende und allgemein verbindliche Werte unverzichtbar.

Wir haben es in der Hand

Wir können den Zerfall der Werte nicht aufhalten, indem der Staat mehr Polizisten, Sozialarbeiter und Psychologen anstellt. Die Probleme der Gegenwart sind nicht lösbar ohne unseren persönlichen Einsatz. Vieles bleibt sonst Symptombekämpfung und geht an den eigentlichen Ursachen unseres Wertedefizits vorbei. Setzen wir an der Wurzel an. Mit unserem Magazin und unseren Hilfsaktionen wollen wir als Zukunft CH mithelfen, jene Ordnungen wieder zu entdecken, auf die wir sicher bauen können. Das sind Ordnungen und Werte, die ihren Ursprung im Schöpfer und in der Natur des Menschen haben. Das sind keine Beschränkungen oder gar Fesseln. Im Gegenteil: Sie helfen zu einer sinnvollen Entfaltung der Persönlichkeit, zu einem erfüllten Leben und gesellschaftlichen Zusammenleben in Frieden, Wohlstand und Lebensfreude. In der Annahme der menschlichen Natur und im Einklang mit der Vernunft vollzieht sich wahre menschliche Freiheit. Wenn viele mitmachen, kann eine Neubesinnung in unserem Land gelingen. Wir haben es in der Hand.

Quelle: Probemagazin April 2023. Bestellbar bei www.zukunft-ch.ch