Die Motion 24.3503 der SVP forderte den Bundesrat auf, die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) auf den nächstmöglichen Termin zu kündigen. Obwohl das Parlament diese Motion Ende September 2024 ablehnte, hat sie kritische Punkte aufs Tapet gebracht, die es ernst zu nehmen gilt.
Von Ralph Studer
Die Motion der SVP kam nicht überraschend. Seit Jahren steht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in der Kritik, die EMRK expansiv auszulegen und eine aktivistische Rechtsprechung zu betreiben, die weit über einen vernünftigen Menschenrechtsschutz hinausgeht. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat im April 2024 das Urteil „KlimaSeniorinnen gegen die Schweiz“. Darin werfen die Richter der Schweiz vor, sie verletze das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens der Seniorinnen, weil sie nicht genug gegen die Klimaerwärmung unternommen habe.
EGMR setzt sich über Souveränität der Vertragsstaaten hinweg
Begründet wurde die Motion damit, dass der EGMR laufend neue Ansprüche ableite und es keine Korrektive gegen solche Urteile gebe. Statt sich auf den Schutz der zentralen menschenrechtlichen Garantien zu konzentrieren, sei es das erklärte Ziel des EGMR, die EMRK zeitgemäss und „progressiv“ für alle Mitgliedstaaten (so auch für die Schweiz) zu interpretieren und so das gesamteuropäische Recht „weiterzuentwickeln“. Dies gelte insbesondere für so heikle gesellschaftliche Themen wie Abtreibung, sexuelle Orientierung, Elternurlaub und Sterbehilfe. Zudem halte sich der EGMR auch in sozialen und finanziellen Fragen für zuständig, ebenso in Umweltangelegenheiten.
Der Motionär gibt auch die Folgen der EGMR-Rechtsprechung für die Mitgliedstaaten zu bedenken. Das Klima-Urteil im April 2024 habe gezeigt, dass der EGMR sich auch über die Souveränität der Mitgliedstaaten hinwegsetze. Er schaffe Verpflichtungen, zu denen sich die Mitgliedstaaten in der EMRK nicht bekannt hätten. Er bewege sich deshalb ausserhalb des Rechtsrahmens. Diese Selbstanmassung ist umso besorgniserregender, als es kein institutionelles Gleichgewicht zu ihm gibt.
Parlament und Bundesrat wehren sich
Nach dem besagten Klima-Urteil gingen die politischen Wogen in der Schweiz hoch. National– und Ständerat kritisierten dieses EGMR-Urteil im Juni 2024 in der Erklärung „Effektiver Grundrechtsschutz durch internationale Gerichte statt gerichtlicher Aktivismus“. Beide Kammern waren sich einig, dass dem Urteil des EGMR keine Folge zu leisten ist. Die Strassburger Richter hätten die Grenze zwischen Recht und Politik nun definitiv überschritten. In die gleiche Kerbe schlug im August 2024 auch der Bundesrat. Er fühle sich nicht an das Klima-Urteil gebunden und sehe keinen Handlungsbedarf.
Korrektur der EGMR-Rechtsprechung nicht zu erwarten
Dass sich auf absehbare Zeit eine Änderung an der expansiven Rechtsprechung des EGMR abzeichnet, ist mehr als unwahrscheinlich. Das kürzlich veröffentlichte Urteil gegen einen Drogendealer aus Bosnien spricht Bände: Der EGMR entschied, dass das Schweizer Bundesgericht falsch geurteilt habe, als es diesen für fünf Jahre des Landes verwies. Damit sei der Mann – so der EGMR – in seinem Recht auf Familienleben verletzt worden. Die Schweiz muss dem Täter 10’000 Euro Genugtuung bezahlen.
Wie sich dieser Entscheid insbesondere auf die Landesverweisung von kriminellen Ausländern auswirken wird, lässt sich noch schwer sagen. Einfacher wird es sicher nicht, was für die innere Sicherheit der Schweiz alles andere als förderlich ist.
Zukunft CH setzt sich für die Souveränität der Schweiz ein
In ihrer Stellungnahme vom 19. September 2024 kritisierte die Stiftung Zukunft CH die fatalen Folgen für die Schweiz durch die EGMR-Rechtsprechung. Dazu kommt, dass nicht wenige Richter beim EGMR mit Nichtregierungsorganisationen (NGO) wie beispielsweise der „Open Society“ von George Soros in Verbindung stehen, die eine politische Agenda betreiben. Weitere elementare Gründe, die Zukunft CH bewogen, die vorliegende Motion 24.3503 zu unterstützen, sind:
- Der EGMR überschritt mehrfach die Grenzen der zulässigen Rechtsfortbildung (vgl. hierzu u.a. Urteil „KlimaSeniorinnen gegen die Schweiz“).
- Statt des Schutzes fundamentaler Menschenrechte verfolgt der EGMR eine aktivistische und progressive Rechtsprechung.
- Der EGMR fungiert faktisch als „Gesetzgeber“ und hebelt die Gewaltenteilung aus.
- Der EGMR setzt sich über die Souveränität der Schweiz als Mitgliedstaat des Europarats hinweg.
- Die Kündigung der EMRK ist – mangels wirklicher Alternativen – der logische nächste Schritt.
Lesen Sie hier die entsprechende Stellungnahme von Zukunft CH: Stellungnahme Motion Kündigung EMRK
Quelle: https://www.zukunft-ch.ch/die-schweiz-und-die-europaeische-menschenrechtskonvention/