In seiner Jugend wehrte sich der bekannte Politikjournalist Ralf Schuler gegen die sozialistischen Vorgaben und fiel in der Schule durch sein „destruktives Diskutieren“ auf. Was er in der DDR erlebt hat, erkennt er heute in weiten Kreisen des Journalismus: Meinungskonformität und fehlendes Verständnis für abweichende Meinungen. Was tun angesichts dieser Entwicklung?
Von Ralph Studer
Für Schuler war es widersinnig, „inmitten einer geschlossenen Diktatur mit gelenkten Medien Journalist“ zu sein. „Es gehört zu den seltsamen Pointen meiner Geschichte“, so der Politikjournalist, „dass ich ausgerechnet aufgrund der Konfrontation mit dem sozialistischen System in einer linientreuen Branche gelandet bin: Der Journalismus zeichnet sich nämlich auch heute noch durch seine im Gleichschritt marschierenden publizistischen Parteisoldaten aus“, bekannte der Journalist 2023 im „Schweizer Monat“.
Einzelmensch geht in der Masse auf
Den Begriff „Gleichschritt“ wählt Schuler ganz bewusst. Er steht für Schuler für „das erzwungene Aufgehen von Individuen in der Masse, für ideologisch gelenkten Gleichschritt im Geiste“. Ein trauriges Phänomen, das sowohl im Nationalsozialismus als auch im Kommunismus im letzten Jahrhundert mit gravierenden Folgen für die Menschen zu Tage trat.
Allerdings zeigt ein vertiefter Blick auf die Gegenwart beunruhigende Parallelen zu diesen erschreckenden Ereignissen der Vergangenheit. „Seit einiger Zeit werde ich immer ratloser, wie sich ähnliche Konformitätsströmungen unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft herausbilden: Von der Regenbogenbewegung, bei der auch Wirtschaftsunternehmen nicht abseitsstehen wollen und gedankenlos ihre Logos einfärben, bis hin zur Coronapolitik, zu der man (…) nur ‚Jaʻ oder ‚Jaʻ sagen konnte.“
Rolle der Medien
Auch seine eigene Berufssparte schont Schuler nicht. „Wir Medien sind zumindest ein Teil des Problems.“ Die veröffentlichte Meinung der klassischen Medien sei „weit nach links-grün verschoben“. Zunehmend halten Journalisten – neben Komikern und Künstlern – „ihre Lebensweise und ihr Weltbild fälschlicherweise für repräsentativ und bestehen in jüngster Zeit auch immer aggressiver auf dessen politischer Umsetzung“, stellt Schuler fest.
Einspruch erheben
Dass die Meinungskorridore immer enger werden, liegt aber nicht nur an den Medien. „Der Opportunismus, mit dem sich Wirtschaft und Wirtschaftsverbände in der Hoffnung auf Vorteile politischen Strömungen oder der EU-Kommission andienen, spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. (…) Nachwachsende Generationen von Juristen prägen als Richter die politische Landschaft, und der Einfluss linksgrüner NGOs ist ebenfalls nicht zu unterschätzen.“ Und was oft nicht zur Sprache kommt: „Verzagte oder sich taktisch an den Zeitgeist anschmiegende Konservative und Liberale tragen einen guten Teil der Mitschuld an dieser ungesunden Entwicklung.“
Ausweg aus dem „Gleichschritt“ der Gesellschaft
Über mögliche Auswege aus der gegenwärtigen Situation spricht Schuler, der als einer der renommiertesten Politjournalisten im deutschsprachigen Raum gilt, bei einem Vortrag in Zürich. Dabei widmet er sich u.a. folgenden Fragen: Wie leiten Medien den Mainstream? Mit welchen Mechanismen wird die Meinungsfreiheit ausgehebelt? Wie entsteht Konformitätsdruck in einer freien Gesellschaft? Wie kommen wir aus der Schweigespirale wieder heraus? Und welche wichtige Rolle spielen dabei Universitäten und Sprache?
Wann: 26. Oktober 2024, 15 Uhr
Wo: Grosser Saal Liebfrauen, Weinbergstrasse 36, 8006 Zürich
Eintritt frei, Kollekte
Infos und Flyer zum Vortrag: Mechanismen der Macht
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Quelle: https://www.zukunft-ch.ch/das-diskussionsklima-erinnert-mich-zunehmend-an-meine-jugend-in-der-ddr/